Huch, wie aber auch die Zeit vergeht: Drei Jahre ist es nun her, das ich mich das letzte mal alleine auf ein Abenteuer mit dem Antrieb der eigenen Muskelkraft begeben habe. Während ich 2021 nur etwas über eine Woche unterwegs war, habe ich mir für dieses Jahr etwas mehr vorgenommen: Auf dem L1-Wanderweg von Garmisch-Partenkirchen nach Brescia wandern. Eine Tour in über 420 Kilometern, 30.000 Höhenmetern und 30 Tagesettappen wird es für mich von Deutschland nach Italien gehen, vom Bayern, dem Land des hellen Biers zum italienischen Kaffee und von Lederhosen zur Alta Moda.

Der L1: Vorwort zum Weg

Einmal über die Alpen wandern – für viele ein Lebenstraum. Der Ruf der Freiheit, blauem Himmel und abkühlenden Bergseen lässt definitiv ein Abenteurerherz höher schlagen. Dabei gibt es eine Reihe von verschiedenen Wege, die über die Alpen führen: Vom bekannten E5, dem “Highway der Transalpinen Wanderungen” von Oberstdorf nach Meran (140 Kilometer, etwa acht Tage), dem Traumpfad von München nach Venedig (529 Kilometer, 28 Tagesetappen) oder dem L1, den für welchen ich mich entschied. 

Dabei ist der L1 einer der wohl aufwendigsten und technisch anspruchsvollsten Transalpinen Wanderungen: In 30 Etappen geht es von Garmisch-Partenkirchen geht es über 420 Kilometer und 40.000 Höhenmeter bis auf 3.360 Meter Höhe (Saykogel) über sehr einsame Pfade durch Tirol und Ötztal bis Brescia nahe dem Gardasee.

Dabei ist der L1 explizit kein klassischer Fernwanderweg, sondern eine frei zusammengestellte Route von Hans Losse. Der Weg entstand 1989 mit dem Ziel, eine Route zu erstellen, die komplett mit dem Fuß begangen werden kann.

Das Charmante am L1 ist derweil, dass der Weg zwar lang und herausfordernd ist, jedoch ohne gesicherte Kletterpassagen und nahezu ohne Gletscherüberquerungen auskommt und damit relativ sicher zu begehen ist.

Der Schützensteig auf der zweiten Etappe des L1, einer Etappe die mir noch große Probleme bereiten sollte und fast zum Tourabbruch geführt hätte.

Einordnung dieses Beitrags / Vorabinformationen

Vorab ist es mir wichtig, den Erwartungshorizont für diesen Beitrag richtig aufzuzeichnen: Dies ist KEINE Anleitung zum Alpenqueren, nicht für den L1, schon gar nicht für andere Fernwanderwege. Ich laufe auf dem L1 unter etwas besonderen Bedingungen: Zuerst habe ich ein volle Zeltausrüstung dabei, dazu laufe ich gegen Ende der Saison von Ende August bis Ende September Transalpin. Das hat niedrigere Temperaturen, schon geschlossene Hütten und noch weniger Verkehr auf dem sowieso schon sehr einsamen L1 zur Folge.

Dieser und die folgenden den Beiträge stellen nur einen Erfahrungsbericht dar – ich habe schlicht zu wenig Erfahrungen, um allgemeine Empfehlungen aussprechen zu können. Eine Alpenüberquerung ist immer eine riskante Sache, insbesondere wenn es Gletscherüberquerungen gibt, man alleine unterwegs ist, auf nicht-befestigten Wegen unterwegs ist oder man Streckenabschnitte hat, in denen man Zelten oder Biwakieren muss. In meinem Fall treten alle diese Faktoren ein. Es bedarf alpiner Erfahrung, hoher Ausdauerfähigkeit und guter Vorbereitung, um das Überqueren sicher zu gestalten. Und selbst dann können Wetterereignisse (extreme Hitze, Gewitter oder Hagel) Tourenabschnitte unpassierbar machen sowie Verletzungen mit sich bringen.

“Literatour”-Empfehlung und weitere Ressourcen

Wie angekündigt ist dies keine Anleitung, wie man den L1 überquert. Wer ernsthaft mit dem Gedanken spielt, sollte sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzen und sorgfältig planen.

Hier einige Ressourcen, die bei der Planung helfen können:

  1. alpenquerung.info – die Orginal-Webseite seit 2012, jedoch nicht mehr gepflegt und allgemein nicht mehr as Grundlage zu empfehlen, viele Hütten sind auch inzwischen nicht mehr existent. Als Hintergrund jedoch sicherlich empfehlenswert!
  2. Alpenquerung L1 Garmisch — Brescia / 30 Etappen mit GPS-Tracks” von Christian K. Rupp, erschienen unter der ISBN 978-3-7633-4607-3 im Bergverlag Rother. Allgemein für mich die beste Quelle, unbedingte Empfehlung!
  3. Abseits der Klassiker über die Alpen – L1 von Garmisch nach Brescia” – Komoot-Sammlung zu der Tour inklusive Routenbeschreibungen

Der Streckenverlauf des L1

Der L1 verläuft grob in den folgenden Abschnitten:

  1. Das Wettersteingebirge – Von Garmisch-Partenkirchen bis ins Inntal
  2. Die Staubaier Alpen – Vom Inntal ins Ötztal
  3. Ötztaler Alpen – Vom Ötztal ins Vinschgau
  4. Die Ortlergruppe – vom Vinschau ins Val Camonica
  5. Adamellogruppe – Vom Val Camonica nach Bazena
  6. Brescianer Voralpen – Von Bazena nach Bresica
Der Streckenverlauf inklusive Tagesetappen in der Übersicht