Disclaimer: alle Meinungen in diesem Beitrag spiegeln meine private Ansichtsweise wieder.

Aller Anfang ist schwer

Als Anfang Januar 2021 die Schule wieder los ging (wie auch in diesem Beitrag geschildert), waren die Probleme mit der Technik so grundlegend, dass häufig ein Unterrichtsbetrieb nicht möglich war: Die Lernplattform des Landes Baden-Württemberg war häufig so überlastet, dass ein Aufrufen der Landingpage nicht möglich war.

Aber: Server wurden geliefert, nachdem diese nach und nach online gingen, waren die meisten Serverprobleme behoben.

Zumindest Moodle lief damit recht Stabil, einen Ausfall gab es in letzter Zeit nur noch rund einmal pro Woche.

Mit BigBlueButton, der Videokonferenzsoftware sah es dagegen anders aus. Ausfallslose Videokonferenzen gab es zu Anfang gar nicht, inzwischen hat jedoch die Last abgenommen und die Server wurden ebenfalls erweitert, doch bis heute sind keine wirklich flüssigen Videokonferenzen möglich, mehrmals pro Woche werden komplette Konferenzen scheinbar ohne Grund terminiert.

Eigentlich läuft doch alles jetzt ganz gut!

Und so flossen dann die Wochen dahin, jede Woche wurden -je nach Lehrperson- neue Aufgaben verteilt, Videokonferenzen durchgeführt und kleine Filmchen herumgeschickt, in denen neuer Stoff erklärt wurde. Langsam wurden auch mehr Funktionen der Lernplattform entdeckt, so wurden einige Unterrichtsmethoden, die selbst im Präsenzunterricht schwierig umzusetzen sind, ausprobiert: Gerade das Arbeiten in Gruppen war eine Stärke von Moodle, genauso wie die vielen Aufgabentypen, die den Schülerinnen und Schülern (SuS) zur Hand gegeben werden konnten. Wie schon oben Angemerkt lief alles nicht 100% Perfekt, doch trotzdem konnte in einer guten Lernatmosphäre der Schulstoff durchgegangen werden.

Wenn Wahlkampf Schulunterricht zerstört

Am 14. März wählt Baden-Württemberg einen neuen Landtag. Für das Ministerpräsidentenamt bewerben sich unter anderem Winfried Kretschmann (Grüne), der bisherige Ministerpräsident Baden-Württembergs und Susanne Eisenmann, die aktuelle Ministerin für Kultus, Jugend und Sport.

Netzfundstück zu den Schulöffnungen.

Letztere plagt sich seit Wochen mit schlechten Umfragewerten. Auf der Suche nach guten Nachrichten entschloss sich -so erkläre ich mir das zumindest- also Frau Eisenmann, die Schulen ab dem 22.02. wieder zu öffnen. Trotz stagnierender Infektionszahlen wurden also am vergangenen Montag wieder die Schulen geöffnet, wenn auch nur Teilweise: In den Abschlussklassen (im Gymnasium mit G8 sind das die 12 und 13 Jahrgangsstufe) mit halber Klassenstärke.

Die andere Hälfte wird, so ist zumindest der Plan, weiter von Zuhause beschult. Und da liegt auch das Hauptproblem des Plans: Neben der (aus meiner Sicht) fatalen Idee, im Angesicht von Mutationen der Corona-Viren und kaum sinkenden Infektionszahlen jetzt wieder die Schulen zu öffnen, ist die Illusion eines funktioniernden Hybrid-Unterrichts ein verantwortungslose Fehleinschätzung. Jetzt hat der Online-Unterricht erstmals recht gut funktioniert, da wird von den Lehrkräften erwartet, zwei Gruppen gleichzeitig zu beschulen: 50% der Klasse in Präsenz (circa 8-15 SuS) und 50% der Klasse daheim in einer Videokonferenz.

In der Praxis heißt das, dass je nach technischer Ausstattung der Schule ein Online-Unterricht kaum umsetzbar ist. Ich sprach über die letzte Woche mit verschiedenen Lehrer*innen und Schüler*innen über die aktuelle Situation, an manchen Schulen wird die Internetleitung schon bei drei parrallelen Videostreams komplett ausgelastet. Doch auch an Schulen mit besserer Ausstattung ist nicht ein reibungsloser Schulunterricht garantiert: Die Videokonferenztools wie BigBlueButton sind nicht darauf ausgelegt, einen solchen Hybridunterricht zu unterstützen, deshalb müssen einige Einschnitte gemacht werden im Unterricht: Damit die Klasse die Leute aus dem Homeschooling hören kann, muss ein Bildsignal vom PC in den Beamer kommen, da dieser den Datenstream in Bild- und Videosignal aufteilt. So entfällt zum Beispiel die Möglichkeit, die Dokumentenkamera im Unterricht zu verwenden. Stattdessen nehmen manche Lehrpersonen jetzt die Webcam, welche eigentlich für das Filmen der Tafel und der Lehrperson gedacht war und befesstigen diese an einem Stativ, sodass auch Dokumente auf einem Tisch abgefilmt werden können. Nachteile gibt es bei der Lösung aber auch eine Menge, so zeigt das Mikrofon dann ebenfalls auf das Dokument, die Sprachqualität nimmt ab. Das ist vorallem tragisch, weil auch mit dem Mikrofon in der „korrekten“ Ausrichtung stimmen aus dem Klassenraum kaum wahrnehmbar sind. So wiederholen Lehrpersonen nun alles, was von Schüler*innen gesagt wird.

Dank der Tagepflicht von medizinischen Masken im Unterricht wurden die Schulstunden verkürzt, statt 90 Minuten pro Unterrichtsblock werden nun nurnoch 75 Minuten Unterricht.

Zusammengenommen schätze ich, dass mit dieser Art des Hybridunterrichts der Schulstoff nun mindestens 30-40% langsamer behandelt werden kann, trotzdem bleiben die Lehrpläne gleich voll. Ich habe mal mitgezählt: Innerhalb der ersten Unterrichtswoche wurde 14 mal gesagt von Lehrerseite, dass das reine Homeschooling deutlich besser war. Allgemein beobachte ich großes Unverständniss über die Entscheidungen des Kultusministeriums (an erster Stelle über die Öffnung der weiterführenden Schulen, dass Grundschulen wieder offen haben ist weniger kontrovers).

Die stillen Helfer der Homeschooling-Zeit

Da für mich mit der Entscheidung des Kultusministeriums das Homeschooling größtenteils beendet ist, will ich an dieser noch den leuten Danken, die die Homeschoolingzeit überhaupt erst möglich gemacht haben.

An erster Stelle wäre da die Hopp-Foundation mit dem Medienzentrum Heidelberg, die gratis eine Jitsi-Instanz (vergleichbar zu BBB) zur Verfügung stellten, dieses Tool machte grade in den ersten Wochen des reinen Homeschoolings bei den Ausfällen der Landesbilungsserver einen Unterricht doch möglich.

Außerdem wäre da noch die IT des Landeshochschulnetzes, die mit sicherlich vielen Überstunden die Server in kurzer Zeit noch deployed haben, damit schnellstmöglich wieder Moodle erreichbar wurde.

Danke für die ganze Arbeit.