Aufstehen. Frühstücken. Zelt zusammenpacken. Fahrrad beladen. Losfahren.

So oder so ähnlich hatte ich mich bereits an die morgen der Radtour gewöhnt, und so begann ich auch am inzwischen sechsten Tag der Reise wieder gleich.

An diesem Tag sollte meine Radtour mich zurück nach Deutschland führen, am Nachmittag bräuchte ich noch eine Fährverbindung – diese hatte ich nicht vorgebucht, deshalb wollte ich möglichst schnell nach Gedser, dem Grenzort mit dem Fährhafen, kommen.

Mein Zelt in Vordingborgkurz vor dem Aufbruch.

Ab nach Gedser

Nach dem Überfahren einiger großen Brücken über die Fjorde der südlichen Inseln Dänemarks ging es in gewöhnter Landschaft Dänemarks rund 55 Kilometer bis nach Gedser. Auch an diesem Tag kam ich zwischenzeitlich in einen großen Regenschauer: Dunkle Wolken verfolgten mich auf der ganzen Strecke von Vordingborg bis nach Gedser und auf die Fähre, diese brachen auf einmal am Mittag und lieferten einen Platzregen, wie ich ihn auch schon in Kopenhagen erlebt hatte. Dieses mal hielt der Platzregen aber nur für wenige Minuten an.

Der Regen, als ich das Video aufnahm, war schon fast wieder abgeklungen, zwischenzeitlich überschwamm sogar der Gulli vor mir.

Nach diesem Regen hielt das Wetter die restliche Strecke bis Gedser die Bewölkung ohne weiteren Regen, sodass ich wieder weiter meinen Weg zur Grenzstadt führen konnte.

Der südlichste Punkt Dänemarks

In Gedser angekommen zog ich zuerst ein Fährticket für die nächte Fahrt, welche mich nach Rostock bringen sollte. Da diese Fahrt jedoch rund eine Stunde in der Zukunft lag, entschied ich mich noch dazu, einen Abstecher zum südlichsten Punkt Dänemarks zu machen: dem Gedser Odde-Park direkt an der Küste Dänemarks.

Nachdem ich mit meiner Drohne geflogen, ein paar Fotos sonst von der Umgebung und (ganz wichtig, sonst erwähne ich das hier in dieser Reisegeschichte kaum, da in der Zeit so wenig passiert) ein paar Minuten einfach ausgeruht hatte, ging es zügig zurück in Richtung Fährhafen.

Die paar Kilometer waren schnell gefahren, leider war das Schiff bei meiner Ankunft noch nicht einmal im Hafen. Schade, dann hätte ich auch länger in Odde bleiben können – aber mir war lieber, das letzte Schiff des Tages zurück nach Deutschland zu bekommen als die Minuten noch am Strand zu sitzen.

Rund 30 Minuten nach meiner Ankunft im Hafen und 40 Minuten nach offizieller Boarding-Zeit kam dann auch gemächlich die Fähre in Gedser an, nach einem kurzen Ausladen konnten wir als kleine Radfahrergruppe auch schon die Fähre befahren.

Auf nach Deutschland

Die Fähre der Scandlines (Taufnahme „Copenhagen“) war im Vergleich zu den zwei vorherigen Fähren recht unspäktakulär, mit einer Ausnahme: Auf der Fähre ragt ein 30 Meter großes Rotorsegel aus dem Deck.

Dieser Flettner-Rotor ist ein mehr als 100 Jahre altes Antriebskonzept, welches durch Rotation eines großen Zylinders, welcher während der Fahrt von E-Motoren schnell gedreht wird, sodass paradoxerweise durch die einseitige Stauung und gegenseitige Beschleunigung von Luft ein Vorwärtsschub erzeugt wird.

Das Konzept, welches Hinter dieser Segeltechnik steht, nennt sich Magnus-Effekt. Auf der Fähre selber habe ich die Wirkweise trotz lehrreicher Werbefilme über die 4-5% CO2-Einsparung des Segels bei Benutzung nicht verstanden, was es genau mit diesem Magnus-Effekt auf sich hat, dieser hat sich mir erst jetzt beim Schreiben dieses Beitrags durch lesen des Wikipedia-Artikels erschlossen.

Eine Möve. Im Hintergrund: Das 30-Meter-Rotorsegel der Scandlines "Copenhagen"

Mit diesen 4-5% CO2-Einsparungen tuckerte ich für 2,5 Stunden und 100 Kilometer über die Nordsee, bevor deutsches Land in Sicht war.

Ich fahre eigentlich gerne Schiff, auch über längere Distanzen, doch freute ich mich bei dieser sehr auf Rostock. Erstens hatte ich keinerlei Beschäftigungen auf dem Schiff, weder „duty-free“ shopping noch das sehr kantienenmäßige Restaurant waren für mich das richtige, auf den wenigen Sitzen im Deck konnte ich mir auch es nicht wirklich gemütlich machen. Zweitens wollte ich in Rostock so früh wie nur irgendwie möglich sein, da am nächsten Tag eine Strecke anderere Dimension wartete – vor Aufbruch zu dieser wollte ich zumindest noch kochen und ein paar Stunden schlaf bekommen.

Zurück in Deutschland: Rostock

Willkommen in Rostock.

Genau um 18:00 Uhr betrat ich wieder deutsches Gebiet, in Form des Fährhafens Rostock. Noch vor allen anderen Kraftfahrzeigen durften wir als Fahrradfahrer die Fähre verlassen, kurz darauf kamen auch die LKWs.

Durch die schnell aufholenden LKWs hinter mir ließ ich mich wohl etwas stressen und, zumindest kann ich mir es nicht anders erklären, verpasste den Fahrradabnehmer des Verkehrs. Zumindest fuhr ich plötzlich auf einer recht engen Straße in Richtung einer Brücke weiter mit den LKWs zusammen, auf der Umkehren und sogar reines anhalten echt gefährlich geworden wäre. Als ich an einem Tempo 50-Schild vorbei fuhr, beschloss ich, die Situation durch möglichst schnelles Fahren am ehesten noch entschärfen zu können (ich bin in der Situation selten der, der dann die Fahrzeuge hinter mir warten lassen will; selbstverständlich liegt eine Risikoabschätzung dieser Entscheidung immer voraus): Mit voller Bepackung beschleunigte ich am Berg (!) bis auf 50 km/h, die wohl anstrengensten 30 Sekunden der gesamten Reise – oben angekommen konnte ich bei einem Kreisverkehr mit einer kleineren Ausfahrt mir etwas Zeit zum Verschnauffen nehmen. Mein Herzschlag hatte in der kurzen Zeit die 200 Schläge pro Minute erreicht, also wahr ich sehr erleichtert über die Pause.

Ich gehe davon aus, dass der Abbieger in der ersten Kurve in Fahrtrichtung rechts wahrscheinlich die nächsten 30 Sekunden für mein Herz entspannt hätte

Nach diesem „aktiven Start“ in das deutsche Bundesgebiet wurde ich gleich mit der Radwegsituation in Deutschland wieder vertraut:

Bis zu meiner Herberge in Rostock-Marienehe waren es noch 14 Kilometer, diese konnte ich jedoch in schöner Abendstimmung entlang der Unterwarnow entspannt fahren. Eine Stunde nach meiner Ankunft in Rostock, um 19:00 Uhr, kam ich so in meinem kleinen Hostel an. Dort machte ich mich direkt auf den Weg zum nächstgelegenen Supermarkt, wo ich Nudeln und sonstige Verpflegung für den Abend einkaufte.

In der Herberge angekommen boten mir jedoch zwei Urlauber aus Sachsen an, bei Ihnen mitzuessen – dieses Angebot nahm ich gerne an, so konnte ich ohne noch Kochen zu müssen Nudeln mit Gemüse und viel Curry und Käse essen. Dafür übernahm ich den Abwasch, dabei unterhielt ich mich noch mit den beiden Sachsen. Für mich war ganz interessant, mal statt über „die Ostdeutschen“ direkt mit zwei Personen, in deren Meinungen und Glaubensbildern ich mich nur schwer wiederfinden konnte, sprechen zu können.

So redeten wir über die Existens des menschengemachten Klimawandels und den Sinn und Unsinn von Dieselfahrverboten, sowie den Zustand der CDU – bei letzerem konnten wir uns, wenn auch von anderen Richtungen auf die Lage schauend, gut auf „mieserabel“ einigen, wenigstens ein gemeinsamer Nenner. Dabei war das Gespräch trotz der enormen thematischen Differenzen sehr Angenehm und ich wurde sogar noch auf Rum und Milch (interessante Kombination!) eingeladen, lehnte aber in angesicht der nächsten Tour dankend ab.

Gegen 22:00 Uhr schlief ich entspannt in einem Vierbettzimmer ein, jedoch begegnete mir schon bei dem einstellen des Weckers auf 3:30 Uhr ein leichtes unbehagen.