Als ich mich im Juni diesen Jahres mit meiner Sommer-Planung beschäftigte, war ich mit der folgenden Situation konfrontiert:
Sechs Wochen Sommerferien. Eigentlich eine perfekte Möglichkeit, um sich in fremde Kulturen einzuleben und tatsächlich mehr als einen rein touristischen Urlaub zu erleben (so habe ich 2019 schon die Westküste der USA erkundet). Allerdings ist COVID weiterhin maßgebend für die Reiseplanung, lange Aufenthalten in anderen Ländern sind nicht oder nur schlecht planbar. Praktika gibt es bisher auch kaum wieder in Präsenz, mehrere Wochen vor dem Bildschirm seine Sommerferien in einem Distanz-Praktikum zu verbringen, war keine Option für mich. Also schaute ich, was für Abenteuer man sich ohne lange Reisen und weitestgehend von Inzidenzen unabhängig vornehmen könnte. Heraus kam ein grober Plan für eine mehrtägige Fahrradtour nach Skandinavien. Die Vorteile solch einer Tour waren, dass ich ohne einen Flug oder internationale Bahnreisen zwei tolle skandinavische Länder erkunden konnte: Schweden und Dänemark. Beide Länder sind zudem noch bekannt für sehr gute Radwege, wenig Berge und eine radfreundliche Kultur.
Mit dieser Idee vergangen die Monate, bis der Anfang meiner letzten schulischen Sommerferien um die Ecke schaute. Und mit rund einer Woche bis zur geplanten Abfahrt begann ich, die Reiseziele konkret heraus zu suchen.
Dieser ausführliche Beitrag dokumentiert in neun Teilen mein Sommerabenteuer in drei Ländern auf dem Fahrrad entlang steiniger Küsten, auf Sanddünen und durch Wälder – also nehmt euch einen Tee und genießt die Reise.
Kapitel "0": Die Vorbereitung
Ein Unterfangen wie eine mehrtägige Radtour bedarf Vorbereitung. Vor allem Bahn- und Fährfahrten müssen in vielen Fällen mit etwas Vorlaufzeit gebucht werden, insbesondere wenn das Fahrrad mit genommen werden soll. Ich war mit meinen sieben Tagen Vorbereitungszeit deshalb auch sehr sportlich dran – eigentlich wären drei bis vier Wochen Zeit deutlich entspannter gewesen.
Zuerst musste aber eine genaue Route her: Von wo bis wo will ich täglich fahren, gibt es schwierige Strecken oder große Steigungen zwischendurch? Letzeres konnte ich für Skandinavien auslassen, so sind die Skanden nicht in acht Tagen (hin und zurück) erreichbar. Mein Ziel der Reise stand als Erstes fest: In Forst (Lausitz) konnte ich Bekannte treffen, welche mich (und mein Fahrrad) nach ein paar Tagen Entspannung wieder nach Hause mit nach Heidelberg nehmen konnten. Auf der Suche nach einem Startort begab ich mich auf bei Google Maps auf Erkungungstour nach Fährverbindungen (diese sind da dankenswerter Weise eingezeichnet) von Deutschland nach Schweden. Die Voraussetzungen für die Verbindung waren dabei, möglichst wenig Strecke nach Schweden zu haben und den Ablegeort gut mit dem Fahrrad bzw. der Bahn zu erreichen.
Ich fand als gut passende Verbindung die Sassnitz -> Ystad-Route der FRS Baltic, welche in weniger als drei Stunden die Überfahrt nach Schweden schafft.
Als nächstes stand die Suche nach einer Verbindung von Schweden nach Dänemark an – von Ystad würde ich nach Westen in Richtung Kopenhagen fahren, demnach bräuchte ich eine weitere Fährverbindung, oder besser noch eine Brücke nach Dänemark. Die Öresundbrücke wäre da der natürliche Kanidat gewesen, leider ist die Brücke nicht mit dem Fahrrad befahrbar. Möglich wäre eine Bahnfahrt von Malmö nach Kopenhagen gewesen, da ich aber sehr spät mit dem Buchen der Fahrten war, wäre eine Fahrradmitnahme nicht mehr möglich gewesen.
Ein Stück weiter nördlich gab es dafür eine Verbindung von Helsingborg nach Helsingør, welche mit einer Fähre schnell und erschwinglich befahrbar ist. Deswegen wählte ich Helsingborg als Platz zum Übernachten aus, damit ich gleich morgens in Dänemark von Helsingør nach Kopenhagen (rund 65 km) fahren konnte.
Somit stand der folgende Plan:
An Tag 1 in Sassnitz schlafen, danach über Ystad nach Malmö fahren, dort ebenfalls übernachten und von dort weiter nach Helsingborg. In Helsingborg dann eine weitere Nacht verbringen, am Morgen mit der Fähre über den Öresund-Kanal und direkt weiter nach Kopenhagen. Dann hätte ich noch vier Tage, um von Kopenhagen in die Lausitz zu gelangen.
Weiter ging die Planung mit der Fährverbindung zurück nach Deutschland, hier kamen nur zwei Optionen in Frage: Entweder von Rødbyhavn auf Fehmann und dann ab Kiel in Richtung Berlin, oder von Gedser nach Rostock. Da die Verbindung nach Rostock schneller und von Kopenhagen besser erreichbar war, entschied ich mich für die letzte Seeüberfahrt für die Fährverbindung von Gedser nach Rostock mit scandlines. Während ich von Kopenhagen nach Rødbyhavn drei Tage gebraucht hätte, war Kopenhagen bis Rostock realistisch in zwei Tagen zu schaffen.
Somit stand das grobe Gerüst, als erstes buchte ich die Verbindung von Ystad nach Malmö: 34 Euro später (davon 5 Euro für die Fahrradkarte) kam die erste Boardkarte in mein Postfach. Für die weiteren Verbindungen über den Öresund-Kanal und nach Rostock konnte ich keine Fahrten vorbuchen, weshalb ich mich als nächstes um die Übernachtungen kümmerte.
Schnell stellte sich heraus, das ich auf jeden Fall zelten müsste – kaum Jugendherbergen hatten noch Platz, selbst in Stralsund hatte die Jugendherberge keinen Platz mehr: denn auch wenn im Buchungstool des deutschen Jugenherbergswerks nach der Orts- und Datumseingabe „Zimmer verfügbar ab xy€“ steht, kann man erst nach einem Klick auf „Zimmer reservieren“ tatsächlich die Verfügbarkeit einsehen. Da ich vorher aber nur bis zum ersten „Zimmer verfügbar ab xy€“-Bildschirm klickte, fiel diese Möglichkeit unerwartet auch weg.
Dafür fand ich in gegen jede Vermutung auf Anhieb ein Platz in der Jugendherberge Kopenhagen, welches ich direkt einplante. Außer für die Übernachtung in Rostock, wo ich günstig in einem Hostel am Rand der Stadt unterkam, fand ich entweder gar keine Unterkünfte oder nur sehr teure Hotels, die für mich keine Option darstellten. Das Zelt musste ich auf jeden Fall mitnehmen – deshalb entschied ich mich dafür, in allen anderen Nächten zu zelten (in Berlin kam ich zum Glück bei einem Freund unter, diese Station hätte mir sonst noch Kopfschmerzen bereitet).
Als Letztes kümmerte ich mich noch um die Bahnverbindung von Heidelberg hoch in die Nähe von Sassnitz. Dieses späte Buchen stellte eins der größten Probleme der Reise dar, wie sich herausstellte: Jeder Logik entbehrend werden im DB-Navigator bei ausgewählter Fahrradmitnahme nicht etwa nur Verbindungen mit freien Fahrradplätzen angezeigt, sondern alle Verbindungen mit Zügen, die potenziell Fahrradstellplätze bieten. Selbst wenn man sich zum Bezahlen durchklickt, wird die Prüfung ob überhaupt noch Plätze verfügbar sind, für Fahrräder erst beim tatsächlichen Buchen des Tickets, parallel zum Abbuchen vom Konto, durchgeführt. Deshalb ist es (insbesondere als Bahncard 100-Inhaber oder bei Nutzung des DB-Sommertickets) kaum möglich herauszufinden, wann überhaupt noch eine Fahrradmitnahme möglich ist. Nach 2 Stunden (!) im DB-Reisezentrum konnte ich dann eine bizarre Verbindung über Mannheim und Berlin finden, bei der noch die Fahrradmitnahme möglich war.
Glücklich, überhaupt etwas gefunden zu haben, buchte ich die Verbindung, damit stand drei Tage vor dem Aufbruch das Gerüst der Reise.
Das Fahrrad für die Reise vorbereiten
Vor der Abreise musste ich erstmal mein Fahrrad vorbereiten – neben durchchecken, einem Aufpumpen und Ölen der Kette, baute ich auch den Korb ab und montierte stattdessen die Halterungen für zwei Satteltaschen hinten. Zwei Flaschenhalter im Rahmen komplettierten die Ausrüstung meines KTM Life Tour.
Ich packte neben Kleidung etwas Fotoausrüstung und viel Wasser noch eine Luftpumpe und Flickzeug sowie ein Ersatzschlauch ein. Außerdem nahm ich Schwimmsachen für die Ostsee und Verpflegung in Form von Müsliriegeln mit.
Das alles passte angenehm in zwei Satteltaschen, trotzdem nahm ich für Wertsachen und die wenige Technik einen kleinen Rucksack mit.
Teil 2: Der Start der Fahrradtour erscheint nächste Woche, hier werde ich dann diesen Teil zusätzlich verlinken.
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