Die Größe der Öresundbrücke

Bei bestem Wetter stand ich am dritten Tourtag mit leichtem Muskelkater gegen 09:00 Uhr auf. Nach einem kurzen Frühstück ging ich im Öresund schwimmen und machte mich fertig, um die Strecke bis zu meinem Tagesziel Helsingborg zu schaffen. Nachdem ich mein Zelt zusammenpackte, ging ich jedoch noch einmal zur Öresundbrücke​ zurück, um mit meiner Drohne diese aus aller Ferne (größere Metallstrukturen sind für die Funkverbindung und IMUs innerhalb der Drohne sehr schlecht) zu erkunden.

Meine Drohne vor der Öresundbrücke​

Als ich in der Luft war, wurde mir überhaupt erst die tatsächliche Größe des Bauwerks klar: Meine Mavic Pro schaffte es mit ihren 50 km/h und 20 Minuten Flugzeit nicht einmal, bis zur Hälfte der Brücke zu kommen.

Dazu kamen starke Winde und noch stärkere Böhen, um mich auch mit meinen 100 Flugstunden bei 550 Flügen ins Schwitzen kommen zu lassen: Nach 21 Minuten und kritischen 11% Restenergie im Akku landete ich nach sieben Kilometern Flugstrecke wieder, glücklich meine Drohne noch zu haben – wäre auf dem Rückweg der Wind gewendet, wäre die ganze Aktion wahrscheinlich in einer Wasserlandung geendet.

Selbst auf dem Zeitraffer-Video entlang der Brücke erkennt man die Böhen deutlich, wenn die Kamera etwas wackelt – das tritt nur auf, wenn die Drohne durch die Böhne überlastet wird und nichtmehr genug gegensteuern kann, um die Geschwindigkeit beizubehalten):

Nach diesem ungewollt-gutem Wachmacher verabschiedete ich mich von Malmö und begab mich aufs Fahrrad, um die Reise zum nördlichsten Punkt der Tour anzugehen. Über tolle skandinavische Radwege ging der Weg entlang der Küste durch kleinere Dörfchen und Städte, in denen auch gut Pippi Langstrumpf wohnen könnte.

Zur Mittagszeit, nach den ersten 35 Kilometern, kehrte ich spontan bei „Farmor Annas Matstuga“ einem Pfannkuchen-Buffetrestaurant ein. Obwohl ich mich vorher nicht mit dem Restaurant beschäftigt hatte, sondern einfach aufgrund der Lage am Wegesrand meiner Radstrecke dieses gefunden hatte, wurde ich mehr als begeistert vom Angebot. Es ist sehr selten, dass ich bei Google Restaurants bewerte, doch in diesem Fall konnte ich 5 Sterne als Minimum meiner Dankbarkeit hinterlassen.

Das Restaurant ist wirklich ein toller Tipp und es ist ein Fest, dort zu essen – es hat allerdings nur am Wochenende geöffnet (zumindest in der Nebensaison).

Nach einer leckeren Stärkung ging es weiter in Richtung Helsingborg – die weiteren 50 Kiliometer dahin verliefen bei immer weiter bewölkt werdenem Wetter unspektakulär. Jenes Wetter wurde mit immer dunkler werdenem Himmel von angenehmen Tourbedingungen zu einer bedrohlichen Vorgewitterlage. Ich war sehr erleichtert, als ich gegen 17:30 Uhr an der Küste von Helsingborg mein Zelt aufbaute. Bei den ersten Tropfen legte ich erst das Gepäck ins Zelt, danach sehr zügig auch mich. Sekunden, nachdem ich den Regenschutz-Reißverschluss zumachte, ergoss sich das Gewitter, welches seit Stunden sich aufbaute, auf einmal über mir und dem Zelt. Rund 20 Minuten lang schoss der Regen mit einer unglaublichen Wucht auf mich und mein Zelt, bis plötzlich die Sonne wieder anfing zu scheinen. Damit wurde es mir in meinem Zelt viel zu warm, es war nun kurz vor 19 Uhr – zu früh, um den Abend einem Ort zu verbringen und eigentlich zu spät, um noch einmal weiter in den Norden zu fahren.

Bis zum nächsten nördlichen Meilenstein waren die 42 Kilometer jedoch nicht mehr bis zum Sonnenuntergang schaffbar. Aber da ich auch keine Idee hatte, wie ich meinen Abend gestalten könnte, entschied ich mich dafür, doch diese Strecke in Angriff zu nehmen. Mein Gepäck ließ ich in Helsingborg. Mit 26 km/h im Schnitt ging die geschätzte Ankunftszeit für Kullens fyr, einem historischen Leuchtturm in der Nähe der kleinen Stadt Mölle, schnell von 21:25 Uhr erst zu 21:00 Uhr und dann zu 20:50 Uhr. Der Sonnenuntergang war an diesem Tag auf 21:08 Uhr vorhergesagt, so wäre ein beobachten des Sonnenuntergangs noch tatsächlich möglich! Motiviert fuhr ich über leere Straßen und kleinere Waldabschnitte, die immer tolle Radwege besaßen und dazu noch (wahrscheinlich wegen dem Gewitter davor) menschenleer waren. Die 42 Kilometer fuhr ich am Ende in einer Zeit von rund einer Stunde und 50 Minuten – so war ich um 20:54 Uhr am Leuchtturm angekommen. Zum Schluss der Tour gab es nochmal eine Strapaze hoch auf den Berg mit dem Leuchtturm, der mich gut forderte – danach war ich umso glücklicher, mein Ziel erreicht zu haben.

Angekommen: Ich, in sichtlich Erleichtert am nördlichsten Punkt meiner Reise: Kullens fyr!

In der nächsten Stunde genoss ich den Sonnenuntergang über dem Meer und der sehr schönen Umgebung. Es wurde dunkler und dunkler, damit wurde der Lichtstrahl des Leutturms auch immer besser sichtbar:

Gegen 22:00 Uhr trat ich den Rückweg in Richtung Süden an – langsam wurde es kalt und ich wollte noch vor Mitternacht wieder in Helsingborg sein. Auf der Rückfahrt konnte ich ohne Licht zwar nicht die Landschaft genießen, doch nach diesem Tag war die Vorfreude auf Schlaf mehr als ausreichend, um mich für 23 km/h Schnittgeschwindigkeit zu motivieren.

Mölle bei Nacht - das Foto wurde um 22:00 Uhr als Langzeitbelichtung aufgenommen, deshalb sieht es auf dem Bild so hell aus 💡

Nach rund 160 Tageskilometern (und einer vollständig entleerten Apple Watch) kam ich um 23:58 Uhr wieder bei meinem Zelt an. Etwas durchgefroren und auf jeden Fall müde freute ich mich auf acht Stunden schlaf, um am nächsten Tag Schweden mit der Fähre zu verlassen.

Im Rückblick war dieser abendliche Ausflug einer der eindrücksamsten Erfahrungen des Urlaubs – solch tolle Landschaft, ein grandioses Ziel und viel Spaß auf dem leichtlaufenden Fahrrad wegen dem fehlenden Gepäck.

Mein Fahrrad am nördlichsten Punkt der Reise